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Placebo Presse

 

  
Sleeping With Ghosts Rezensionen

Plattentests.de
Die alte Standuhr schlägt zwölfmal. Es ist dunkel, stockdunkel. Der Wind lässt die Türen knarren. Ist es wirklich nur der Wind? Aus der Ferne dringen unwirkliche Geräusche. Stöhnen. Seufzen. Jauchzen. Quietschen. Merkwürdig und angsteinflößend. Beklemmend und bedrückend. Die Meister der Atmosphäre sind zurück. Und haben mit dem Titel ihres vierten Albums ganz tief in die Metapherkiste gegriffen. Wer mit sich selbst im Unreinen ist, steigt mit Geistern ins Bett. Oder so. Vorhang auf für ein kleines bisschen Horrorshow. Schade nur, dass Brian Molko nicht nur dank seiner feschen Kurzhaarfrisur wenig angsteinflößend wirkt, sondern auf den jüngsten Fotos mehr denn je aussieht wie ein Baumarkt-Azubi nach dem Missgeschick beim Farbtopf-Einräumen. Aber lassen wir das. Schließlich waren es bei Placebo neben dem Image vor allem die Songs, die paßgenau saßen, auf ein großes Meisterwerk namens "Without you I'm nothing" sowie zwei kleine verteilt waren und mit denen sie die Rockwelt der ausgehenden Neunziger nachhaltig geprägt haben. Auch "Sleeping with ghosts" startet gleich mit einem Paukenschlag: "Bulletproof cupid" prescht mit Höchstgeschwindigkeit nach vorne. Zwei Minuten lang wartet man vergeblich darauf, dass der ersehnte Näsel-Gesang von Brian Molko einsetzt - vergeblich. Es soll nicht die einzige Überraschung des Albums bleiben: "Protect me from what I want" verblüfft mit merkwürdigen Betonungen im Gesang und offenbart erst nach geduldigem Hören seine Reize. Auch "English summer rain", die konsequente Fortsetzung von "Pure morning" und "Taste in men", findet mit netten Gitarreneffekten und versteckten Synthies erst den indirekten Weg ins Ohr. "Something rotten" dagegen, der mit Abstand ausgefallenste Track des Albums, hinterlässt kaum mehr als Verwirrung. Auch wenn sich Placebo hier freundlicherweise bemühen, für die versprochene Frankenstein-Stimmung zu sorgen, versprühen sie mit diffusem Getröte und anderen merkwürdigen Geräuschen höchstens den Schrecken einer Gummispinne. Huibuh! Am überzeugendsten wirken Placebo, wenn sie ihr altes Erfolgsrezept in neue Songs verpacken: Mit dem straighten "The bitter end" gelingt ihre beste Single seit "Every me every you", und mit "This picture" wartet die zweitbeste schon in der Hinterhand. Auch das bewährte Jammertal lassen Placebo nicht aus: Wenn Brian Molko zum Titeltrack "Sleeping with ghosts" ansetzt, gibt es für traurige Seelen kein Halten mehr. "Hush / It's okay, dry your eyes / Soulmate, dry your eyes" beschwichtigt Molko, als es ohnehin schon zu spät ist und die Tränen fließen. Einfach so. Wenn "Centrefolds" den letzten Rest herauspresst, sind endgültig alle verfügbaren Taschentücher vollgeheult. "Hush, it's okay" hallt es immer noch durch die Nacht. Die alte Uhr schlägt einmal. Es ist Ruhe eingekehrt. Die Ruhe vor dem nächsten Sturm. 8 v. 10 Punkten | Autor : Armin Linder.

Spiegel
Die erste Veränderung bei Placebo ist relativ leicht auszumachen: Der gar nicht mehr androgyne Sänger Brian Molko war zwar beim Friseur, ist aber nicht drangekommen. Rein musikalisch betrachtet sollte "Sleeping With Ghosts" deutlich elektronischer werden als die Vorgänger, doch fällt diese Neuerung trotz Produktion von Jim Abbiss (U.N.K.L.E, DJ Shadow) nicht weiter ins Gewicht. Ausnahme ist der Komplettquatsch "Something Rotten", der immerhin eine ernste Thematik behandelt (Kindesmissbrauch), aber krude fiept und rumpelt wie noch selten ein Placebo-Song zuvor. Auf "Without You I'm Nothing", dem Meisterstück, waren es die Balladen, hier sind es die sehr gelungenen Rock-Stücke wie "The Bitter End" und "Plasticine", die das Fundament des Albums bilden. Die Großartigkeit der bisherigen drei Placebo-Platten im Auge, muss man allerdings auch konstatieren dürfen, dass dies hier leider das schwächste, weil selbstreferenziellste von allen ist.

Laut.de
Was erwartet man von Placebo? Großes! Aber auch eine große Veränderung? Ist das überhaupt möglich? Wohl nicht, wenn das markanteste der Band die Stimme des Sängers ist. Denn die wird gleich bleiben. Und doch haben Placebo über ihre ersten drei Alben gezeigt, dass sie sich sehr wohl weiterentwickeln. War der Erstling noch laut und direkt, versank "Without You I'm Nothing" in einer Melancholie, die einem den Boden unter den Füßen nahm. Auch "Black Market Music" machte vor der Traurigkeit keinen Halt, doch fächerten Placebo inhaltlich und musikalisch ihr Repertoire breiter. Wo also sollte das vierte Werk der drei Wahl-Londoner noch hinführen? Allem voran halten Placebo es mit eiserner Stiltreue. Sowohl die Stimme als auch der Gitarrenklang Brian Molkos sind nicht zu verkennen. Brillantes und präzises Spiel der Instrumente sind bei allen drei Stammmitgliedern ohnehin vorauszusetzen. Vom Sound her lehnt es sich trotz der Arbeit mit Elektro-Produzent Jim Abbiss (Björk, U.N.K.L.E.) und Brians eher der Elektronik verschriebenen Nebenprojekten klar an die Vorgänger an. "Sleeping With Ghosts" befindet sich damit eindeutig auf der Gitarrenseite. Am Anfang des Albums stand jedoch zunächst ein kreatives Loch. 'Burnout-Syndrom' nennt Brian Molko das, was am Beginn der Arbeiten zu "Sleeping With Ghosts" unter den Bandmitgliedern geherrscht hat. Dann kam einem der Drei die zündende Idee. Statt ewig auf einem Haufen zu sitzen und auf die Muse zu warten, kauften sie sich drei identische Mini-Homestudios und einige Instrumente. Damit konnte jeder zu Hause seine kreativen Einfälle festhalten und per Tape an die anderen Bandmember verschicken. Herausgekommen sind eindeutig Perlen des Gitarrenrock. Intim klingen die Stücke, sie gehen nahe. Vor allem die langsamen Tracks lassen keine Distanz zwischen dem Hörer und der Musik zu. Man wird aufgesogen von der Stimmung der Songs eines Mannes, der sich selbst als 'nachdenklicher, latent schwermütiger Mensch' bezeichnet. Die Texte hat Brian sehr persönlich gehalten, besteht jedoch darauf, dass sie - im Gegensatz zu früheren Alben - nicht mehr ausschließlich autobiographisch sind. Das beklemmende "Something Rotten" geht von einem fast erdrückend langsamen Eingangspart, in dem jeder Ton sich wie Kaugummi zu ziehen scheint, plötzlich in einen wütenden Ausbruch über. Wenn die Band dazu erklärt, es gehe in dem Song um den Missbrauch von Minderjährigen, kann man sich keine gelungenere musikalische Umsetzung dieses Themas vorstellen. Der Sound ist dichter als auf den Vorgängern. Das wird schon beim instrumentalen Opener "Bulletproof Cupid" deutlich. Über Typische Placebo-Klänge der härteren Gangart werden für die Band etwas ungewöhnlichere Riffs gesetzt, die dem Ganzen eine große Kompaktheit geben. In den Songs ist kaum mehr Platz zum Atmen. Sound reiht sich an Sound, Eindruck an Eindruck. Dabei beherrscht die melancholische Schwermütigkeit wieder die Spielfläche. Ängste werden verarbeitet, vorherrschend die vorm Älterwerden. Wie auf den vorherigen Alben schaffen es alle Songs, direkt in die Gefühlswelt des Hörers einzuschlagen und sich über diesen Weg in ihm festzusetzen. Und doch stechen einige besonders hervor. Neben dem oben erwähnten "Something Rotten" ist der Band mit "This Picture" eine geniale Untermischung elektronischer- sowie noisiger Elemente in einen Gitarrenrock/Pop-Song gelungen. Nichts hätte besser gepasst, als die Platte mit einer zerbrechlichen, lullaby-artigen Ballade wie "Centrefolds" enden zu lassen. Sie hinterlässt den Hörer in einem Schwebezustand zwischen Beklemmung und unendlich ruhiger Leichtigkeit.
"Don't Forget To Be The Way You Are"! 5 v. 5 Punkten | Autor: Vicky Butscher.